MusikChorJahre

In der LBA war - neben dem ChorSingen - das Quartett-Quintettsingen Brauch geworden. Aus einer dieser KernZellen entstand im Herbst 1945 das sogenannte „Kärntner Lehrerquintett“. Im selben Jahr stellte der KlangGünther - erstmals in Kärnten - das „Erste Gemischte Lehrer-Doppelquintett“ zusammen.  Mit diesem besonderen VollklangEnsemble begann Mittergradnegger in Kärnten eine bis heute nachhaltig-klangstarke ChorMusikszene aufzuzbauen.

Mittergradnegger, schon als Kind Noten schreibend, wagte sich über KlangChorsätze, immer den Kreativakt des Komponierens in sich verspürend. Er folgte seinem väterlichen Lehrmeister, dem großen Wiener ChorFachmann Prof. Ferdinand Grossmann, und ließ dabei eigene KlangWelten in sich zu! Der Komponist in ihm war geboren!
Er tauchte in die KompositionsWelt des Instrumentalen ein, immer gerne im Zusammenhang mit der menschlichen Stimme, durch Freunde wie Prof. Konrad Ragossnig (internationaler Gitarrist), Peter Schreier (Dirigent -Tenor-Solo-Sänger) animiert. 

Madrigalchor Klagenfurt

 1948 kam es auf der Basis des DoppelQuintetts zur Gründung seines „Madrigalchor Klagenfurt“-Ensembles. Das Singen mit diesem Chor wurde zum ImpulsMotor für das Singen in Ensemble-Variations-Aufbau-Möglichkeiten in Kärnten und weit in die internationale ChorWelt hinaus. 25 Jahre war Mittergradnegger erfolgreich mit der internationalen Chorwelt musikalisch vernetzt. 1950 - als bester JugendChor Österreichs - scheute er niemals internationalen Vergleich und stellte sich höchstrangigen Wettbewerben, was mit zahlreichen ersten Preisen belohnt gekrönt wurde.

Den größten Chorwettbewerb-Sieg der Welt in England (Middlesbrough) holte er 1966 in Anwesenheit von 220 Chören mit zwei 1. und einem 2. Platz nach Kärnten. In der Presse konnte man lesen: „Vom Volksliedchor zum Meisterchor!“ - „Madrigalsingen in höchster Vollendung!“ - „Sie kamen, sangen und siegten!“ -  oder: „Dies Land ist Musik!“.

Mit Laibach, Udine und Wiesbaden gab es  jährlich  freundschaftliche musikalische MusikBegegnungen, für die befreundeten Prager- und Budapester-Madrigalisten war Mittergradnegger das KonzertTor in den Westen! Als GastDirigent ging er im Jahr 1960 außerdem mit dem AkademieKammerChor Wien auf Reisen durch viele Länder Europas. Sie wollten ihn damit nach Wien locken - was auch schon sein Musik-JugendFreund Wolfgang Sawallisch mit München vergeblich versuchte.
Mittergradnegger war berg-klang-verwurzelt in Kärnten und schlug alle Angebote aus!

Als pädagogische MusikMission für die KärntenBevölkerung sah er die vielen Konzerte im Lande selbst, aber auch seine RundfunkSendungen („Wo man singt, da lass dich ruhig nieder“), in denen Mittergradnegger die Kärntner Zuhörerschaft mit einheimischer, alter aber auch erstmals mit zeitgenössischer ChorMusik (J. N. David, A. Heiller, I. Strawinsky, Frank Martin, J. M. Hauer etc.), sowie mit den großen BachPassionen bekannt machte. Bei all dieser Arbeit blieb ihm, dem KodalyVerehrer, jedoch das Kärntner Lied immer die Basis des Singens und gab dem Chor den typischen „Madrigalchor-Sound“!

Legendär-Repertoire-erweiternd waren die von Mittergradnegger gegründeten und sehr beliebten ChorleiterKurse, die jährliche MillstattMadrigi-Singwoche, in der das zukünftige JahresProgramm erarbeitet wurde. Ein besonderes IdeenAnliegen war ihm der „Internationale Chorwettbewerb“, im Jahre 1963 in Spittal/Drau mit dem Chorleiter Prof. Hellmuth Drewes und dem kulturbeflissenen Politiker Prof. Michael Luptowits gegründet, der bis heute einen wesentlichen Chor-Kultur- Sommer-Beitrag zum Thema „internationale Chorkultur“ leistet.

Neben seiner Lehrertätigkeit und der intensiven Arbeit mit seinen drei Ensembles studierte Mittergradnegger noch an der Universität Wien „Volkskunde und Musikwissenschaft“ und promovierte 1964 zum Dr. phil.. Im selben Jahr gründete er für den ORF Klagenfurt den „Rundfunkchor“ als flexibles Instrumentarium für ProduktionsAufnahmen und Plattform für Moderne-Musik-Matineen. 1967 folgte ein längerwöchiger Lehr-Auftrag nach Brasilien und Chile. In seiner Ensemble-ChorArbeit und in Seminaren stellte er Europäische ChorMusik - speziell Österreich-Musik vor. Er kehrte wiederum mit viel rhythmischer Musik aus Südamerika zurück.


Phänomen KärntnerLied und St. Veiter Kreis

Auf dem Weg nach Wiener Neustadt zur Reserve-OffiziersAusbildung im Jahr 1944 geriet Günther Mittergradnegger in Hangö (Südfinnland) in einen russischen BombenAngriff und fand in einem Bunker Schutz. Dort ließ ihn zum ersten Mal ein von dem St. Veiter Kriegs-Kameraden Sternat mitgebrachtes und für ihn unbekanntes Lied klanglich aufhorchen, nämlich: „Mei Hamat is a Schåtzale“ von einem gewissen Mulle und dem TextSchreiber Glawischnig. Noch ahnte Mittergradnegger nichts von den späteren Folgen dieser schicksalhaften Klang-Wort-Begegnung mit Justinus Mulle und dem Texter Gerhard Glawischnig.

Dem KärntnerLied von singenden Wanderungen mit seinem Vater verbunden, entsteht im Herbst 1945 ein seltsames Dreigestirn, namentlich MULLE – GLAWISCHNIG – MITTERGRADNEGGER. Die Anregungs-Drehscheibe war der Protestanten-Pastor, spätere SuperIntendent, Gerhard Glawischnig.  Wie H. C. Artmann in Wien hat Glawischnig die MittelKärntner Mundart ganz entscheidend außergewöhnlich bildhaft und in seiner Lyrik klanghaft gemacht!
Die hügelige Landschaft und die Dehnung der Vokale verführten Mulle und Mittergradnegger zu Neuen-Lied-Facetten, zum „Weisen-Schreiben“. Das Phänomen „St. Veiter Kreis“ war geboren, eine einmalige ungewöhnliche BeziehungsKonstellation, vielschichtig geistig geprägt, freundschaftlich wie musikalisch einzigartig und im LiedGut nachhaltig. Diese Verbindung wurde nicht nur für die drei KünstlerFreunde, sondern für die Sänger im Lande zur ganz privaten SeelenHeimat.

Wie sich alles nach 1945 neu aufstellen musste, so stellte sich das Singen im Lande neu auf - immer auf dem alten Humus des Volks-Lied-Gutes aufbauend. Die Nur-Alt-Verbundenen lehnten sich massiv dagegen auf, sangen sich dann jedoch auf die Neu-Text-Klänge ein. Und im Singen erlebte Kärnten ein Miteinander! Dieses Triumvirat wuchs aus einer Zeit des totalen Endes.
Der Kärntner-Lied-Horizont erfährt eine Bereicherung - wie mit dem Liederbuch „Is schon still uman See“. Die Messen „Kärntner Bildstöcklmesse“, die „Kärntner Hochzeitsmesse“ und die „Heiligenbluter Krippenmesse“ basieren auf Kärntner Liedern. Viel Feld-Forschungs-Liebe Mittergradneggers steckt dahinter, nachweisbar in seiner Feld-Forschungs-Dissertation zum Thema „Lieder in den Kärntner Passionsspielen“.

Komponist der klassischen Moderne

Als zeitgenössischer Komponist der klassischen Moderne lebte Mittergradnegger stets in der Idee: KlangWelten als Impression!  In der Hauptsache fühlte er sich der menschlichen Stimme zugeneigt, so in vielen Kantaten, Passionen, LiederZyklen, und führte, wenn Instrumente, diese wie Stimmen! Ob instrumental oder für Chor gedacht, Mittergradnegger, als Kodaly-Kenner, verwebt auch gerne Volkslied-Elemente in sein farbiges, klanglich-sensibles, rhythmisch-flexibles, kompositorisches Werk.
Als reisender ChorFachmann widmet er befreundeten Chören Werke in seinem „ChorLiederbuch“, bringt von Reisen authentische Musik mit, die er im Buch „Lieder aus aller Welt“ sehr speziell für Chor setzt. Als klassischer Komponist ist er oftmals geistlich orientiert - wie in seiner „Aschermittwochkantate“, der „Lukas-Weihnachtsgeschichte“, auch Kärnten orientiert in seiner „Millstätter Passion“ oder Text-historisch im „Cantus Carithicus“, weltorientiert in seinen „Sieben Sinnsprüchen des Omar Khajjam“ oder im „Kleinen Prinz“ von Antoine de Saint Exypery - u.v.a. Sein Werk-Verzeichnis ist umfangreich.

Sein größtes Anliegen war die Musik, weil sie in Herz und Seele vordringen kann! Deshalb war seine Meinung, Kinder schon im kleinsten Alter mit Musik bekannt zu machen und ihnen ihren eigenen Rhythmus, den jeder Mensch in sich trägt, finden zu helfen. Er meinte: Mit jedem Buchstaben, den ein Kind lernt, sollte es auch die Noten lernen. Buchstaben und Noten seien gleichwertig! Daher hat er auch gerne einige KinderKantaten geschrieben.

Am 25. Februar 1992 hat Dr. Günther Mittergradnegger im Alter von 69 Jahren diese seine von Klängen erfüllte Welt zurücklassen müssen. Sein reicher Ideenfundus lebt jedoch weiter!
Für Günther Mittergradnegger war Musik immer ATEM und HERZSCHLAG!

Klangwelten-Buch-Ausschnitte unter:
www.msc-media.at/mittergradnegger/index.html